Kleines Immergrün

Vinca minor L. (Hundsgiftgewächse)
Das Immergrün ist das einzige Mitglied der Familie der Hundsgiftgewächse, das bei uns heimisch ist. Ansonsten ist die Familie in den Tropen zu finden.
In Mitteleuropa ist das Kleine Immergrün ein Kulturrelikt, das von den Römern eingeführt wurde. Sein Vorkommen weist häufig auf alte Siedlungsplätze, seien es römische oder mittelalterliche, hin. Albertus Magnus hat es erwähnt, nachgewiesen ist es seit dem 16. Jahrhundert, im Norden Deutschlands noch später.
Das Immergrün ist eine ausdauernde Pflanze; sie kann viele Jahre alt werden und in der Zeit eine große Fläche bedecken. Pro Jahr treibt sie Ranken, die sich an den Knoten wieder bewurzeln, von bis zu einem Meter Länge. Sie vertreibt andere Pflanzen. Ihre blauen oder violetten Blüten sind fünfzählig und erinnern an Windrädchen mit einem fünfzackigen Stern in der Mitte. Sie sind zwittrig. Hier in Mitteleuropa vermehrt sich das Immergrün hauptsächlich vegetativ und fruchtet nur selten.
Es blüht jetzt in lichten Buchenwäldern, an Waldrändern und in Hecken und am Fuß alter Burgen. Es trotzt dem Frost jahrzehntelang und verliert nie seine Blätter. Damit ist es eine Altersheilpflanze und dem Saturn unterstellt. Seine wunderschönen blauen Blüten und die langen Ranken lassen aber auch an Merkur denken.

Wie andere immergrüne Pflanzen wurde es als Symbol des ewigen Lebens und ewiger Treue verstanden. Deshalb bekränzte man Tote damit (das Kraut verzögert tatsächlich die Verwesung) und ebenso Brautleute – aber bitte nicht mit Ranken von derselben Pflanze! Die Wurzel hängte man Schulkindern um den Hals, damit sie in der Schule aufmerksam sind und gut lernen.
Damit sind wir schon bei den Wirkungen. Die Pflanze ist schwach giftig. Sie enthält 40 verschiedene Alkaloide, hauptsächlich Vincamin und Eburnamenin, insgesamt 0,2 bis 0,7 %, außerdem Terpene, Phenole, Flavonoide, Tannine, Phytosterin. Das Bundesgesundheitsamt hat 1987 die Zulassung dieser Heilpflanze widerrufen, da sich im Tierversuch Blutbildschäden zeigten. Sie ist heute mehr oder weniger nur mehr als Homöopathikum im Handel.
Die Pflanze wirkt blutdrucksenkend, entspannt das vegetative Nervensystem und erhöht die Sauerstoffaufnahme des Gehirns und die Durchblutung der Augen und Ohren. Bei nachlassender Leistung dieser Organe im Alter oder nach Schlaganfällen und leichten Hirnverletzungen kann sie ihre Wirkung zeigen.
Äußerlich kann die Pflanze hilfreich sein bei Entzündungen, Abszessen, Geschwüren, Blutergüssen und frischen Wunden (als Auflage aus dem gequetschten Kraut oder mit starkem Tee). Gemischt mit Salbei ergibt sie ein gutes Gurgelwasser bei Halsentzündung.