Rosskastanie
Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) ist ein ur-europäischer Baum, der die letzte Eiszeit auf dem südlichen Balkan überdauert hat. Da die Früchte dick und schwer sind, ist ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit gering. Und so hat es mehr oder weniger 10.000 Jahre gebraucht, bis sie nach Zentraleuropa gelangte, durch einen Reisenden. 1576 soll in Wien die erste Rosskastanie aus einem Samen gezogen worden sein. Dort begann ihr Siegeszug durch Europa, gefördert von den Fürsten, die sich von ihrem Habitus repräsentiert sahen.
Sie ist kein typischer Waldbaum, entfaltet ihre Pracht besser in Alleen und als Solitär. Aber sie ist durchaus öfter auch an Waldrändern und auf Lichtungen zu finden. Sie ist breitkronig, sehr präsent, um nicht zu sagen dominant, prägend, ein Bild von Fülle und Zuversicht. Nicht umsonst ist ihr Jupiter zugeordnet, der Planet der Fülle, der Ausdehnung, der königlichen Ausstrahlung. Sie ist der beste Schattenspender und darum besonders auch in Biergärten beliebt.
Die Rosskastanie gedeiht bis in 1.200 m Höhe, wird bis zu 30 m hoch und bis 300 Jahre alt. Die Rinde ist graubraun bis grauschwarz und blättert im Alter schuppig ab. Die Blätter kennt wohl jeder, wie eine große Hand sehen sie aus, 5- bis 7-fingrig, mit gezähnten Rändern. Die Blüten erscheinen im April bis Mai. In jeder Blütenkerze finden sich hauptsächlich rein männliche Blüten, weniger zwittrige und noch weniger rein weibliche. Sie sind weiß mit goldenen und pinkfarbenen Punkten. Hummeln und Bienen besuchen sie, um den Nektar zu sammeln, und bestäuben sie dabei. Der Duft ist gering.
Die rotblühenden Kastanien, Aesculus X carnea, ist durch Kreuzung mit der amerikanischen Art Aesculus pavia entstanden. Sie wächst etwas weniger ausladend und hoch.
Die Früchte, eine oder zwei in einer stachligen Hülle, werden im September reif und fallen ab, zur Freude der Kinder – und vieler Erwachsener ebenso, mich eingeschlossen. Sie sehen aus wie frisch poliertes Mahagoni-Holz. Der Glanz verliert sich aber bekanntlich leider nach wenigen Tagen.
Die Rosskastanie hat auch pharmazeutischen Wert. Ihren Namen hat sie daher, dass man mit den heiß überbrühten kleingeschnittenen Früchten den Husten der Pferde behandelt hat. Damit sind wir bei den Inhaltsstoffen: z.B. Saponine, die in vielen Pflanzen vorkommen, die dann auch zur Behandlung von Husten geeignet sind. Aus den zerkleinerten Kastanien kann man aber auch ein Waschmittel herstellen: Saponine = Seifenstoffe. Weiter enthalten die Kastanien Gerbstoffe, Stärke,Flavone und Bitterstoffe sowie Aescin und Aesculin. Aesculin ist eine Cumarinverbindung und regt Stoffwechsel und Durchblutung an. Aescin ist ein Saponin und wirkt gewebeentwässernd. Flavone festigen die Gefäßwende und fördern die Durchblutung der feinsten Gefäße.
Also kann die Rosskastanie helfen bei Venenleiden, allgemein Gefäßkrankheiten, Durchblutungsstörungen, Husten – und auch bei Rheuma und Gicht. Verwendet werden Blüten, Früchte, Blätter und Rinde. Ein Tee aus den Blüten (5 Minuten ziehen lassen) ist gut gegen Husten, eine Tinktur aus den Blüten kann äußerlich zum Einreiben bei rheumatischen Schmerzen verwendet werden. Da hilft ebenso wie bei Durchblutungsstörungen auch das Bad aus den Früchten (im Handel erhältlich). Die Tinktur aus den Früchten wird innerlich eingesetzt bei Hämorrhoiden, Venenerkrankungen und Durchblutungsstörungen.
Edward Bach hat aus der Rosskastanie gleich zwei seiner wunderbaren Essenzen gewonnen: Chestnut Bud als Impuls für den ersten Schritt ins Neue, Unbekannte und White Chestnut, um Ruhe ins Gedankenkarussell zu bringen.
Die Rosskastanie kann Geduld lehren, Großzügigkeit und das Bewusstsein, dass alles da ist, was ich brauche, oder da sein wird, wenn ich es brauche. Außerdem ist ihre Schönheit einfach – atemberaubend. Wenn Du jetzt durch Parks oder Alleen mit Rosskastanien wanderst, findest Du an ihnen die dicken, harzig glänzenden Knospen schon bereit, sich zu öffnen. Wenn Du eine abbrichst und vorsichtig öffnest, findest Du darin das vollständige Blatt samt der Blütenanlage – ein Wunder!