Linde

Botanischer Name Tilia, aus der Familie der Malvengewächse, Malvaceae.

Bei uns sind drei Arten Linden heimisch, die Sommerlinde (Tilia grandifolia oder platyphyhllos), die Winterlinde (Tilia cordata) und die Silberlinde (Tilia tormentosa). Die Sommerlinden war 1991 Baum des Jahres.

Die Linden sind sommergrüne Bäume, die bis max. 40 m hoch und 1000 Jahre alt werden können. Da sie sich vorwiegend vegetativ durch Stockausschlag und Wurzelbrut vermehren, also eigentlich verjüngen, können sie auch viel älter werden. Eine Volksweisheit sagt: „300 Jahre kommt sie, 300 Jahre steht sie, 300 Jahre geht sie.“ Linden vermehren sich aber auch generativ. Die Blüten werden von Hummeln, Bienen, Schwebfliegen und anderen Insekten besucht und bestäubt, auch vom Wind. Die Linden blühen im Juni und Juli. Die Samen werden dank ihrer Flügel vom Wind verbreitet.

Die Blätter sind herzförmig und stehen wechselständig. Die Blüten sind fünfzählig – die Fünf ist die Zahl der Venus –, klein und unscheinbar, verströmen aber einen intensiven süßen Duft. Ihr Nektar enthält bis zu 94 % Zucker – eine wunderbare Bienenweide. Hast Du das Summen der Bienen in einem blühenden Lindenbaum schon bewusst wahrgenommen? Und den Duft? Hast Du die wärmende, nährende, schützende, kurz: mütterliche Atmosphäre gespürt?

Die Linden sind in ganz Europa heimisch. Sie wachsen in Laubmischwäldern von der Ebene bis in Vorgebirgslagen, gern an Waldrändern, sie mögen Sonne. Die Winterlinde kommt auch mit nassen Böden zurecht und findet sich deshalb oft in Auenlandschaften. Deshalb stehen sie auch in den Auwäldern am Zusammenfluss von Weißer Elster, Pleiße und Parthe, und die Stadt Leipzig, die dort liegt, leitet ihren Namen vom slawischen lipa = Linde ab.

Linden wurden gern als Straßenbäume gepflanzt; wieviele Straßen gibt es, die „Unter den Linden“ heißen, von Berlin bis Melchingen! Dort – an den Straßen – verschwinden sie allerdings jetzt, denn Linden sind sehr empfindlich gegen Abgase.

Das Holz der Linde war und ist das Lieblingsholz der Holzbildhauer und Bildschnitzer, da es weich und gut zu bearbeiten ist. Es hieß darum auch lignum sanctum = heiliges Holz, weil die Heiligenbilder und Schnitzaltäre aus ihm gemacht waren. Fasnetsmasken werden auch aus Lindenholz geschnitzt. In geringem Maße wird Lindenholz auch als Furnierholz im Möbelbau verwendet.

Bevor Leinen und Hanf bei uns eingeführt wurden, wurden aus Lindenbast Seile hergestellt. Und die Blätter fanden zum Färben Verwendung.

Die Linde spielte in der Mythologie und den Bräuchen der Völker seit je eine große Rolle. Philemon und Baucis wurden von den Göttern für ihre Gastfreundschaft vor einer Naturkatastrophe gerettet und dann in eine Eiche und eine Linde verwandelt, weil sie sich wünschten, miteinander an dem Ort zu bleiben, der ihre Rettung war.

Den Germanen und Slawen war die Linde heilig. Freya wohnte darin, und später – nach der Christianisierung Europas – die Jungfrau Maria. Es gibt viele Marienlinden, z.B. auf der Insel Frauenchiemsee. Unter Linden wurde getanzt, Gericht gehalten. Linden waren der Mittelpunkt der Ortschaften (wie auf dem Foto die Linde auf dem Ergat in Mittelzell/Insel Reichenau). Wilhelm Müller hat die Dorflinde geehrt mit seinem Gedicht „Der Lindenbaum“, das dann von Franz Schubert vertont und, von Friedrich Silcher bearbeitet, zum Volkslied wurde („Am Brunnen vor dem Tore“).  Aus der Siegfried-Sage wissen wir, dass das Lindenblatt dafür sorgte, dass Siegfried verwundbar blieb. Es bewahrte ihm seine Menschlichkeit – vermute ich.

Die Linde spielt auch eine wichtige Rolle in der Pflanzenheilkunde. Blüten, Blätter und Rinde werden verwendet. Am bekanntesten ist der Lindenblütentee als schweißtreibendes Mittel. Hierfür zwei TL Lindenblüten mit ¼ l kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. Lindenblüten sind auch verbeugend gut, wenn man so richtig durchgefroren ist und den Schnupfen als Folge befürchtet. Lindenblüten sind gegen alle Winterkrankheiten angezeigt. Sie bringen den Sommer in die Kälte und Dunkelheit.
Lindenblüten lassen sich gut kombinieren mit Pflanzen ähnlicher Wirkrichtung wie z.B. Schlüsselblumen, Malvenblüten, Eibischblüten, Hagebutten, Himbeer – oder Johannisbeerblättern.
Manchen Menschen hilft ein Tee aus Lindenblüten und –blättern, wenn sie nicht einschlafen können. Nicht länger als zwei Wochen nehmen, weil der Tee seine Wirkung sonst einbüßt.
Einen Watte-Pad mit Lindenblütentee zu tränken und auf die Augen zu legen, hilft müden und gereizten Augen, z.B. nach viel Bildschirmarbeit.
Lindenholzkohle bekommt man in der Apotheke. Bei Verdauungsbeschwerden tut morgens und abends 1 Msp. Lindenholzkohle gut. Auch Haustieren hilft sie, wenn sie etwas Giftiges gefressen haben. Und sie ist ein gutes Pflegemittel für Zähne und Zahnfleisch. Die Kohle pulverisieren, zu gleichen Teilen mit gemörserten Salbeiblättern mischen, davon etwas auf die feuchte Zahnbürste geben und dann das Zahnfleisch damit massieren und die Zähne putzen.

Wenn Du jetzt im Juni die Atmosphäre unter einem alten Lindenbaum genießen möchtest, geh zum Friedhof nach Stockach. Dort stehen zwei wunderbare Exemplare. Eine 450jährige Linde gibt es auch in Gönningen in der Öschinger Straße bei der alten Ziegelhütte, die Ziegel-Linde. Oder besuche die Lindenallee beim Freibad in Tübingen. Die Linde hat eine starker Schutz- und Trost-Energie, selbst wenn Du nur ein Foto hast. Lass Dich auf sie ein und spüre selbst!