Gemeinde Wegwarte
Cichorium intybus L., Asteraceae
Die Wegwarte (oben eine Darstellung aus dem Kräuterbuch von Leonhart Fuchs) ist ein ein- bis mehrjähriger Korbblütler. Sie wird 30 bis 100 cm hoch und besiedelt trockene, tiefgründige Lehmstandorte in voller Sonne. Häufig steht sie an Wegrändern – daher ihr Name – oder Wiesenrainen. Die Blüten, die von Juli bis Oktober an den sparrigen, rauen Stängeln erscheinen, strahlen himmelblau, selten sind sie weiß. Sie öffnen sich um fünf Uhr morgens und schließen sich fünf Stunden später wieder. Sie werden hauptsächlich von Bienen und Schwebfliegen bestäubt. Die Samen können Mitte Mai ausgesät werden. Sie sind lange keimfähig. Früher im Jahr kann auch der Wurzelstock geteilt werden.
Weitere Namen sind Sonnenwirbel (bei Hildegard von Bingen), Sonnenwedel, Zigeunerblume, Zichorie, Wegeleuchte, Rattenwurz oder auch Hansl am Weg.
Der Sage nach ist die Wegwarte eine verzauberte Jungfrau, die zu lange auf ihren Geliebten wartete, wie es das unten stehende Gedicht von Isolde Kurz beschreibt. Die weiße Wegwarte sei eine Wunderblume und dürfe nur von einem Sonntagskind gepflückt werden. Man grub sie an Mariä Himmelfahrt aus, ohne Eisen zu verwenden. Die blaue Wegwarte grub man am 4. August, am Tag des Hl. Dominikus. Wer sich mit dem Saft der Pflanze einreibt, wird beliebt sein.
Verwendet werden Blätter, Blüten und Wurzeln. Blätter und Blüten werden im Sommer und die Wurzeln im Herbst geerntet. Es ist wichtig, die Blüten schnell und sanft zu trocknen, da sie sonst ihre Farbe einbüßen.
Die Inhaltsstoffe sind Inulin, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Zucker, Mineralien, vor allem Kalium, und Vitamine. Die Wegwarte ist eine Einschleuserpflanze für Kalium.
Die Wegwarte ist die Heilpflanze des Jahres 2020.
Wegwarte wirkt verdauungsfördernd, harntreiben, appetitanregend, abführend und blutstillend. Die Wurzeln können, nachdem sie zwei Stunden gewässert wurden, zu Gemüse gekocht werden – heilen für Diabetiker. Wurzeln und/oder Blätter werden kalt aufgesetzt (1 TL auf ¼ l Wasser) und zwei Minuten gekocht, dann abgeseiht. 3 Tassen am Tag sind genug. Der Tee hilft bei Appetitlosigkeit, Gallenbeschwerden und Stoffwechselstörungen. Er tut auch der Milz gut und fördert die gute Laune und gelöste Stimmung.
Wegwarte kann mit Löwenzahn, Tausendgüldenkraut oder Pfefferminze gemischt werden. Aus den getrockneten gemahlenen Wurzeln hat man Kaffeeersatz gemacht, Zichorienkaffee oder – gemischt mit echtem Kaffee – Muckefuck (mocca faux – falscher Kaffee). Diese Mischung ist für die Gesundheit durchaus empfehlenswert. Ein starker Wurzeltee, in dem noch ein paar Blüten ziehen durften, kann für Kompressen benutzt werden, die bei Hautunreinheiten helfen.
Astrologisch wird die Pflanze der Venus (wegen der Blütenfarbe und der Sage) und dem Merkur (wegen des Standortes?) zugeordnet.
Die Wegwarte
Mit nackten Füßchen am Wegesrand,
Die Augen still ins Weite gewandt,
Saht ihr bei Ginster und Heide
Das Mädchen im blauen Kleide?
Der Weg wird stille, der Weg wird leer.
So kommt denn heute das Glück nicht mehr?
Die Sonne geht rötlich nieder,
Ihr starren im Wind die Glieder.
– Das Glück kommt nicht in mein armes Haus,
drum stell’ ich mich hier an den Weg heraus;
und kommt es zu Pferde, zu Fuße,
ich tret’ ihm entgegen mit Gruße.
Es ziehen der Wanderer mancherlei
zu Pferd, zu Fuß, zu Wagen vorbei.
– Habt ihr das Glück nicht gesehen?
Die lassen sie lachend stehen.
Der Regen klatscht ihr ins Angesicht,
Sie steht noch immer, sie merkt es nicht:
– Vielleicht ist es schon gekommen,
– Hat die andere Strasse genommen
Die Füßchen wurzeln am Boden ein
Zur Blume wurde der Augen Schein.
Sie fühlt’s und fühlt’s wie im Traume,
Sie wartet am Wegessaume.